Mit Empathie zum Erfolg – Diskutieren muss gelernt sein

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Ob im Meeting, mit der Familie, in der Beziehung oder in der Kneipe beim Feierabenddrink – erfolgreich diskutieren bedeutet weit mehr als die eigenen Argumente rhetorisch einwandfrei und strategisch clever einzusetzen. Wie also verläuft selbst die leidenschaftlichste Diskussion friedlich und findet zu einem ertragreichen Ende?

So befremdlich es auch klingen mag, miteinander vorankommen sollte das Ziel einer jeden Diskussion, Debatte oder Auseinandersetzung sein. Nein, Diskussionen – Form oder Kontext bleiben unerheblich – sind ursprünglich nicht dazu gedacht, um sich eine ruhmreiche Bühne für die eigene Meinung zu sichern oder sich zu duellieren, sondern um gemeinsam etwas auf den Prüfstand zu stellen.

Eigentlich geht´s um mehr als gegeneinander

Es bedarf ein wenig des Wohlwollens für sich und der lieben Mitmenschen, um erfolgreich zu diskutieren. Aber keine Panik, es ist kein Wochenendseminar in „Sozialkompetenztraining“ nötig und durchaus leicht erlernbar. Voraussetzung dafür sind eigene Kontrollmechanismen und gelebte Friedfertigkeit. Ein chronischer Besserwisser oder leidlicher Wichtigtuer dürfte seine Schwierigkeiten damit haben, aber das steht auf einem anderen Papier.

Kurz bevor es kracht …

Wir alle erleben es regelmäßig in Berufs- und Privatleben: Wenn die Schwelle von konstruktiver Diskussion zum wenig sachlichen Streitgespräch erst einmal überschritten ist, findet sich selten noch der Reset-Knopf. Die ersten harten Worte sind gefallen und reihen sich wahlweise ein in Vorwürfe, Beschuldigungen oder Unsachlichkeiten. Meist gipfelt solch negativer Schlagabtausch in erhitzten Gemütern, die sich nicht verstanden fühlen und resigniert oder wütend aufgeben. Folglich keinen Millimeter weiter gekommen sind, als zu Beginn der Unterhaltung, sondern weiter voneinander abgerückt sind. Verunsicherung, Groll und Ablehnung machen sich breit und sind zukünftig natürlich keine bessere Ebene für einen erneuten Ansatz zur Auseinandersetzung. Wir sind in vielerlei Hinsicht in einer Sackgasse angekommen, wenn verschiedene Meinungen keine Möglichkeit finden, um auf einen gemeinsamen Nenner zu gelangen. Es bedeutet häufig Stillstand oder Behinderung bei Prozessen, ob im Beruf oder privat.

10 Regeln vom netten Miteinander

Aber es geht auch anders. Die wichtigsten Aspekte zum effektiven Diskutieren gibt uns die Argumentationslehre an die Hand – nicht umsonst eine Teildisziplin der Philosophie und somit sehr hilfreich für viele alltägliche Unwegbarkeiten im menschlichen Diskurs.

  1. Zuhören = Aktiv reagieren

Es geht nicht nur darum, den anderen nicht zu unterbrechen und ihn ausreden zu lassen, sondern das Gefühl zu vermitteln: „Ich bin geistig anwesend, während du redest!“ Das bedeutet Feedback à la „Habe ich richtig verstanden, dass …?“ usw. geben. In der gewaltfreien Kommunikation auch bekannt als „aktives Zuhören“.

  1. Einfach bleiben

Emotional aufgeladene Diskussionen avancieren schnell zu einem Hickhack aus unzähligen Themen, die nichts zur Sache tun. Das sollte man vermeiden – aktiv wie passiv. Bei einem Thema bleiben, auch wenn es schwer fällt, aber auch die Diskussion(-runde) davon abbringen, sich zu verzetteln.

  1. „Eigentlich sind wir uns gar nicht so unähnlich.“

Wenn Meinungen offen geäußert werden, wird unser Ego geweckt und soll gebührend vertreten werden. Dabei lässt sich schnell vergessen, dass das Gegenüber womöglich ähnlich denkt, und wir vielleicht nur eine andere Sprache sprechen. Gemeinsamkeiten finden, ist die beste Möglichkeit, um auf Augenhöhe zu bleiben.

  1. Respekt, statt Belehrung

Wo wir gerade von Augenhöhe sprechen – nichts ist tödlicher in einer Diskussion, als herablassendes und belehrendes Verhalten. Vielleicht weiß man die Dinge sogar wirklich besser, aber es nutzt niemandem, es aufs sprichwörtliche Butterbrot geschmiert zu bekommen – außer dem eigenen Ego!

  1. „Ich denke so, weil …“

Die eigene Meinung äußern ist einfach, aber das Gegenüber versteht den Standpunkt, der so fern der eigenen Ansicht liegt, vielleicht besser, wenn man erklärt, warum man so eingestellt ist. Etwas „Menscheln“ kann helfen, wenn es sehr sachlich einhergeht.

  1. Fragen kostet nichts

Fragen stellen zeigt nicht nur, dass man ehrlich interessiert ist, sondern es verhindert auch, dass Missverständnisse entstehen oder sogar weitergetragen werden. So häufig ist der Grund von Differenzen einfach ein Missverständnis, das nicht erkannt wird.

  1. Erfolg heißt nicht gewinnen

Wie schon erwähnt, ist Wohlwollen mitunter der wichtigste Aspekt beim Diskutieren. Wer nur diskutiert, um sich selbst bestmöglich darstellen zu können oder sein Gegenüber klein machen zu wollen, wird nichts gewinnen. Eine Diskussion war erfolgreich, wenn man andere überzeugen konnte und nicht, wenn von der anderen Partei resigniert aufgegeben wird.

  1. Kritik und das liebe Taktgefühl

Gutes Diskutieren bedeutet nicht, dass man Falschaussagen oder Fehler hinnehmen sollte, nur um den lieben Frieden zu wahren. Aber bitte mit Feingefühl! Niemand fände es angenehm, wenn er wegen eines Fehlers offen vorgeführt oder noch schlimmer, gedemütigt wird.

  1. Bevor es knallt

Im schlimmsten Fall können Fronten so verhärtet sein oder die Emotionen allzu sehr Überhand nehmen, dass die Diskussion droht zu eskalieren. Wie schon beim Punkt Kritik angesprochen: Feingefühl und Mitgefühl, statt Provokation. Vorsichtiger Humor, statt Blamage.

  1. Aus einer anderen Perspektive betrachtet

Häufig geht es in Diskussionen nicht nur wegen verschiedener Meinungen, sondern wegen konträrer Wertvorstellungen rund. Dann wird es richtig schwer, einen gemeinsamen Nenner zu finden. Die Lösung ist ein Perspektivwechsel, auch als „reframing“ bekannt. Sich aktiv in die Lage des Gegenübers zu versetzen, hilft beim Verstehen und beim eigenen Argumentieren.

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So schwer dieser Fakt auch zu verinnerlichen sein mag, bei Diskussionen geht es nicht darum zu gewinnen, sondern sich konstruktiv auseinanderzusetzen. Meinungen teilen, im besten Fall offen für Neues sein und etwas aus der Diskussion mitnehmen und verwerten, darum geht es.

Natürlich ist aber nicht jede Meinung, mag sie noch so klug und friedlich formuliert dargeboten sein, in die eigene Lebens- und Werteeinstellung integrierbar. Häufig trennen uns politische, religiöse, materielle oder eben philosophische Welten voneinander. Militantes Akzeptieren sollte daher auch nicht im Sinn einer gesunden Diskussionskultur sein. Aber eine adäquate und kultivierte Form der Diskussion gibt Raum, um fremde und andersartige Meinungen wirken zu lassen, um sich selbst zu hinterfragen oder noch fantastischer – um den eigenen Horizont zu erweitern! Denn was kann klärender und vorantreibender sein, als das eigene Denken und Handeln regelmäßig auf den Prüfstand zu stellen?