Stress in unserem Leben ist allgegenwärtig. Ob im Beruf, Privatleben oder in alltäglichen Routinen. Doch was wir mit dem Stress anfangen, der uns begegnet, und was wir ihm in alltäglichen Belastungssituationen entgegen setzen können, ist entscheidend. Emotionalität und Gereiztheit sind hierbei leider kontraindizierend, Gelassenheit und Strategie jedoch die Schlüsselwörter zu einem positiven Umgang mit Stress. Es gibt eine Vielzahl von Anwendungen und erlernbaren Taktiken, um mit der Flut aus stressvollen Reizen präventiv und gesund umzugehen. Eine davon ist der „Erfahrbare Atem” über die Arbeit mit den Fingerdruckpunkten.
Neulich stand ich wieder einmal in einer Warteschlange vor der Kasse im Supermarkt. Vor mir hatte ich überquellende Einkaufswagen und quengelnde Kinder. Darüber hinaus auch noch eine Störung an der Kasse und missmutige Mitmenschen. Vielleicht lag es ja am Vollmond? Wie auch immer. Ich hatte es eilig und spürte wie mein Blutdruck allmählich anstieg. Doch hier verhält es sich genau wie beim Stau im Straßenverkehr: Es ist nicht zu ändern! So ergriff ich eine einfache Maßnahme und spürte infolgedessen wie sich Ruhe und Gelassenheit einstellten. Ich wieder tief durchatmen konnte. Außerdem hob sich meine Stimmung erheblich und Gleichmut stellte sich ein: Egal, dann komme ich eben später zum Termin. Also rasch zur Info noch eine Kurznachricht geschickt.
Das Geheimnis dieser erstaunlichen Wirkung liegt in unseren Fingerkuppen. Ich hatte einfach nur Druckpunkte an meinen Ringfingern und an meinen kleinen Fingern aktiviert.
Schnelle Hilfe im Alltag
Die Arbeit mit den Druckpunkten wurde von der bekannten und 2009 verstorbenen Berliner Atemtherapeutin Ilse Middendorf entwickelt. Die Funktion der Druckpunkte ist einfach: So entspricht jede Fingerkuppe einem speziellen Bereich in unserem Körper. Wird eine Fingerkuppe der jeweils rechten und linken Hand aneinandergedrückt, so bewirkt das eine verstärkte Atembewegung in der dazugehörigen Region des Körpers. Das wiederum beeinflusst konstruktiv unser vegetatives Nervensystem. Es wirkt unter anderem beruhigend oder anregend und verhilft dazu, besser zu uns selbst zu kommen. Außerdem kann es heilende Kräfte stärken, da gleichzeitig die jeweiligen Organe des Köpers angesprochen und in ihrer Funktion unterstützt werden. Die täglichen kleinen und großen Ärgernisse, jegliche An – und Herausforderungen, können so besser bewältigt werden und müssen uns auf Dauer nicht krank machen.
Arbeit mit dem Erfahrbaren Atem
Interessanterweise haben wir nicht nur Druckpunkte an den Fingerkuppen, sondern auch an den Füßen und im Gesicht. Ilse Middendorf hat diese Arbeit bereits in den 1930iger Jahren forschend entdeckt und mit der Zeit erfahrungswissenschaftlich festgestellt, dass diese Gesetzmäßigkeiten für jeden Menschen gelten.
Der „Erfahrbare Atem nach Prof Ilse Middendorf®“ bedeutet sowohl Erfahrungswissenschaft als auch Entwicklungsweg. Unser Atem ist mit allen physischen und psychischen Vorgängen in unserem Organismus vernetzt. So reagiert unsere Atembewegung wie ein Seismograf auf jegliche Einwirkungen von außen oder innen. Sei es ein erschreckender Gedanke, ein angenehmer Duft, ein kühler Luftzug oder ein wohliges Gefühl.
Die individuelle Atembewegung ist der unmittelbarste Zugang zum Körper und dessen physio-psychischen Vorgänge. Im Gegensatz zur Anwendung von Atemtechniken wird im Erfahrbaren Atem der Wert darauf gelegt, dass der individuelle Atem ohne Beeinflussung durch Willen oder Vorstellung frei fließen darf. Während bei der Anwendung von Atemtechniken der Atem über Zählzeiten oder Bilder bewusst und gezielt eingesetzt und geführt wird, ermöglicht uns die Arbeit mit der Beobachtung der fließenden Atembewegung, die Urbewegung unseres Atems kennenzulernen und zu nutzen. Wir erforschen sozusagen das „Geheimnis“ des Atems und Atmens. Über Hingabe und Achtsamkeit wird so eine verstärkte Atem- und Empfindungsfähigkeit ausgebildet, die sich allmählich zu einem Empfindungsbewusstsein ausweitet. Das wiederum ermöglicht uns einen Zugang zu den Ursprüngen unserer körperlichen und psychischen Verfassung mit der Folge, dass uns die Verbindungen zwischen unbewussten und bewussten Prozessen transparent werden. Insofern kann diese ganzheitliche Arbeit ein lebenslanger Entdeckungsweg im Sinne einer Persönlichkeitsentwicklung bedeuten.
Prinzip der Druckpunkt-Arbeit
Was passiert eigentlich genau, wenn die jeweiligen Druckpunkte aktiviert werden?
Wenn Sie sanft (!) verschiedene Punkte an Fingern, Füßen oder im Gesicht drücken, bewirkt das reflexartig eine verstärkte Ein- und Ausatmung in speziell begrenzten Körperräumen. Nach einiger Übung spüren Sie den betreffenden Raum und die damit verbundene positive Wirkung immer deutlicher.
- So wirkt der Druck der Ring- und kleinen Finger beruhigend, lösend und entspannend und kann sogar beim Einschlafen helfen. Auch Schmerzen aller Art können gelindert werden.
- Der Druck der Zeigefinger und des Daumens wiederum erfrischt, macht wach und munter und steigert Ihr Konzentrationsvermögen.
- Der Druck der beiden Mittelfingerkuppen verhilft Ihnen dazu, mehr bei sich zu bleiben, speziell, wenn Sie sich inmitten starker Anforderungen befinden und in Ihrer Balance bleiben möchten. Außerdem beeinflusst er die Funktion von Herz und Magen in ausgleichender Weise.
Und die Lieblingshaltung unserer Kanzlerin? Wenn Sie alle Fingerkuppen Ihrer beiden Hände drücken, werden dementsprechend alle Räume Ihres Körpers angesprochen, was demzufolge Ihre gesamte Atembewegung von Fuß bis Kopf verstärkt. Es erfüllt Sie mit Energie und Konzentrationsvermögen und hilft, dass Sie etwa für eine Rede oder einen Auftritt gut gesammelt bleiben – also insgesamt für eine Situation, die Ihre gebündelte Kraft und Aufmerksamkeit erfordert.
Natürlich müssen Sie – wie bei jeder Erarbeitung von körperlichen oder geistigen Übungen – eine Zeitlang üben, bevor Sie die Wirkung zuverlässig wahrnehmen können, doch es lohnt sich, denn Ihre Fingerkuppen haben Sie ja schließlich immer mit dabei. Außerdem fällt es nicht oder kaum auf, wenn Sie sich damit selbst inmitten von Menschenansammlungen heilend helfen. Je ruhiger, gelassener oder agiler Sie werden, desto mehr strahlen Sie das ja auch aus, was sich wiederum auf Ihre Umgebung positiv auswirkt, egal ob es Ihre Mitmenschen bewusst wahrnehmen oder nicht.
Kostprobe gefällig?
Probieren Sie die Druckpunkte Ihrer Fingerkuppen gleich einmal aus:
Setzen Sie sich aufrecht hin und drücken Sie Ihre Mittelfingerkuppen – nicht die Fingerspitzen! – sanft aneinander. Alle anderen Finger stecken Sie weg oder falten Sie so ein, dass die Fingerkuppen nicht in Kontakt mit anderen Teilen Ihrer Hände kommen. Ihre Hände halten Sie dabei vor Ihre Körpermitte oder legen Sie in Ihren Schoß. Schließen Sie dabei Ihre Augen.
Nun lassen Sie Ihren Atem kommen und gehen, ohne ihn zu beeinflussen und ohne sich etwas vorzustellen. Gehen Sie ganz in die Empfindung des zarten Drucks.
Vorsicht: Ist er zu stark, spüren Sie ein Pulsieren in Ihren Fingerkuppen oder eine Anspannung Ihrer Arm- und Schultermuskeln.
Halten Sie den sanften Druck für etwa fünf bis sieben Atemzüge. Dann spüren Sie nach, d.h. nehmen Sie in der Ruhe wahr, ob und was sich verändert hat. Wiederholen Sie das Ganze zwei- bis dreimal. Seien Sie nicht frustriert, wenn Sie zunächst keine Wirkung spüren oder eine andere Gegend mit verstärkter Atembewegung wahrnehmen oder sich eine ganz andere Stimmung einstellt als die erfahrungswissenschaftlich gesetzmäßige.
Wenn Sie diese Übung täglich dreimal üben und sieben bis acht Wochen dabei bleiben, tritt die Wirkung spätestens dann zuverlässig ein und diese steht Ihnen nun das ganze Leben zur Verfügung!
Wirksame Hilfe – Mitten im Alltag!
Wenn Sie nach einer schnell wirksamen und unauffälligen Alltagshilfe suchen, ist die Druckpunkt-Arbeit genau das Richtige für Sie. Sie benötigen keine anderen Hilfsmittel, um rasch zu entspannen, gelassener zu reagieren oder sich wieder wach und frisch zu fühlen. Auch wenn Sie das Gefühl haben, dass Sie durch zu viele Ablenkungen leicht aus dem Gleichgewicht geraten, helfen die Druckpunkte, wieder zügig in Ihre Mitte zu kommen und mehr Energie zu spüren. So können Verkrampfungen der Atemmuskulatur gelöst, manche Ängste und Panikattacken gelindert und Schlafstörungen vermindert werden.
Informieren Sie sich gern über wechselnde Angebote zu diesem und ähnlichen Themen, so beispielsweise am 1. Juli 2020 innerhalb meines Online-Seminars „Mit Fingerdruckpunkten den heilsamen Atem aktivieren“, über meinen Youtube-Kanal oder auch über mein aktuelles Buch „Atmen Sie sich gesund – Mit Finger-Druckpunkten den heilsamen Atem aktivieren“ im Irisana Verlag.
Titelbild: Claudia van Zyl / Unsplash